Am Freitag titelte der Tagesanzeiger «Unterwegs in der B-Schweiz» und meinte damit die Stadt Winterthur, die sich seit 30 Jahren im Niedergang befinde. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls Michael Soukup, der sich sich aus privaten Gründen vermehrt in Winterthur aufhält. Warum das so ist, lässt er offen. Vielleicht hat er herausgefunden, dass in der Stadt die schönsten, schlausten und liebenswürdigsten Menschen der Schweiz wohnen und sich deshalb unverhofft in eine Beziehung reinmanövriert? Man weiss es nicht.
Die Krönung des Texts ist diese Passage:
Draussen vor dem Bahnhof eilen nicht asiatische Touristen, Rohstoffhändler oder Hipster wie in Luzern, Zug und Zürich umher. Es sind auffallend viele Arbeitslose, Alte und Alkoholiker, die hier im Weg stehen.
Solange also ein Banker, Versicherungsmensch oder jemand anderes mit Kravatte und Geld in der Tasche im Weg steht, ist es kein Problem. Im Gegenteil: Michael Soukup hält das sogar für eine gute Visitenkarte einer Stadt.
Für mich ist das Gegenteil der Fall: Städte, die Menschen ausgrenzen und verstecken – sie eigentlich am liebsten loswerden würden – sind verabscheuenswürdig. In Winterthur ist jeder willkommen und jede hat ihren Platz. Öffentliche Räume sind für alle da. Die Stadt steht auch nicht im Schatten von Zürich wie der Artikel behauptet. Sie steht weit über ihr, weil sie menschlich ist.
Warum sich Michael Soukup ein Ticket für das Spiel FC Winterthur – FC St. Pauli gekauft hat, erschliesst sich mir nicht. Das Spiel steht unter dem Motto «Friede, Freiheit, Fussball» – das Wort in der Mitte ist in Winterthur allgegenwärtig. Ganz im Gegensatz zu den Städten Luzern, Zürich und Zug, die der Autor in den höchsten Tönen lobt.
Das einzige, was stimmt, ist dass Winterthur zur B-Schweiz gehört. Allerdings nur dann, wenn das B für Beautiful steht.
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